Workshopleitung: Dr. rer. nat. Christof Loose; Dipl.-Psych.; Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut (Fachkunde: Verhaltenstherapie); Supervisor und Selbsterfahrungsleiter, akkreditiert durch die Psychotherapeuten-Kammer NRW; Zertifizierter Schematherapeut für Kinder & Jugendliche und für Erwachsene mit Advanced Certification, Trainer und Supervisor, gemäß der Internationalen Gesellschaft für Schematherapie (ISST e.V.)
Hintergrund: Die Schematherapie (ST) nach J. E. Young bezieht als eine Ergänzung und Weiterentwicklung der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) besonders die Emotionen, aber auch entwicklungs-psychologische Gesichtspunkte zentral in ihre diagnostischen und therapeutischen Überlegungen mit ein. Darüber hinaus beruht Schematherapie auch auf einem Modell der Grundbedürfnisse und "ihrer Schicksale" im Lebensverlauf. Bislang wenig beleuchtet in der Schematherapie sind Fragen nach den hirnphysiologischen Prozessen und im Speziellen, wie wir Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch und pädagogisch zugunsten einer Stärkung des Clever- (bzw. im Aufbau des Gesunden-Erwachsenen-) Modus positiv unterstützen können.
Seminarinhalt: Das Seminar zeigt ein vereinfachtes Gehirnmodell nach Daniel Siegel auf. Darin wird zunächst die horizontale Achse des linken und rechten Gehirns beleuchtet, flankiert von den Entwicklungs- stufen des Kindes & Jugendlichen einschließlich wichtigen Fragen für den Alltag (z.B. Umgang mit starker, überbordender Emotionalität). Im Weiteren wird die vertikale Achse des oberen und unteren Gehirns skizziert und aufgezeigt, wie Bedürfnisfrustrationen und Schemaaktivierungen sich auf die Funktionen des Gehirns auswirken. Wo können nach D. Siegels Modell die kognitiven Schemata (i.S. von A. Beck), wo die emotionalen Schemata (i.S. von J. Young) verortet werden? Welche Strukturen dürften bei den Kind-, Eltern- bzw. dysfunktionalen Modi aktiviert sein und wo lässt sich am ehesten der Sitz des Clever-Modus vermuten? Neben diesen eher theoretischen, aus dem o.g. Gehirnmodell abgeleiteten Ausführungen wird darüber hinaus das sog. "Handmodell des Gehirns" (nach D. Siegel) erläutert, das - auch ohne Vorkenntnisse des Gehirns nicht nur in der Elternarbeit psychoedukative und hilfreiche Einblicke vermitteln, sondern auch schon von Kindern ab ca. 10 Jahren verstanden werden kann.
Die Integration der horizontalen und vertikalen Achse bildet die Ausgangslage, von der aus eine weitere Integrationsdimension angestrebt wird: die Verbindung zum Gegenüber, die z.B. Empathie und emotionale Verbundenheit mit anderen Menschen ermöglicht. Diesen Moment des "3-fach integrierten" Gehirns beschreibt D. Siegel als "MWe"-Zustand. Diese Wortschöpfung beinhaltet das integrierte Ich (Me, d.h. links-rechts, unten-oben) mit der Fähigkeit, zum Gegenüber eine Verbindung aufzubauen (Ich-Du), so dass ein gemeinsames Wir-Gefühl (WE) entstehen kann (Me+We=MWe). Dieser MWe-Zustand bildet nach D. Siegel die Grundlage für eine umfassende Integration des Selbst, der Identität und der Zugehörigkeit, in vereinfachter ST-KJTerminologie die Stärkung des Clever-und-Kompetenz-Teams (Kombination aus Happy-, Ressourcen und Clever-Modi), was wiederum die Grundlage für den Aufbau des Gesunden-Erwachsenen-Modus ist.
Übungen für Kinder, Jugendliche und Eltern unterstützen das Gelernte und sind direkt im Praxisalltag anwendbar. Vorkenntnisse zur Anatomie und Physiologie des Gehirns sind für eine erfolgreiche Seminarteilnahme nicht erforderlich.
Adressaten: Teilnehmer:innen, die bereits das "ST-KJ Kindercurriculum" durchlaufen haben, mindestens aber einen zweitägigen Einführungs-WS in ST-KJ besucht haben.
Literaturempfehlung:
Siegel, D. & Bryson, T. (2013). Achtsame Kommunikation mit Kindern: Zwölf revolutionäre Strategien aus der Hirnforschung für die gesunde Entwicklung Ihres Kindes. Arbor-Verlag: Freiburg.
Siegel, D. & Bryson, T. (2023). Disziplin ohne Drama. Arbor-Verlag: Freiburg.
Grundlagen in ST-KJ: Loose, C., Graaf, P. & Zarbock, G. (2024). Schematherapie mit Kindern und Jugendlichen. 2. Auflage. Beltz: Weinheim.